Börsenverein zur Entscheidung beim Urheberrechtsgesetz: „Schwerer Rückschlag für Bildung und Wissenschaft in Deutschland“

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wertet die heutige Entscheidung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags zum Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz als großen Fehler mit erheblichen Konsequenzen für Bildung und Wissenschaft in Deutschland.

Heute ist ein schwarzer Tag für Bildung und Wissenschaft in Deutschland. Die Entscheidung des federführenden Bundestags-Ausschusses ist ein Armutszeugnis für die deutsche Bildungspolitik. Ein Gesetz ohne wesentliche Änderungen durchzuwinken, das offensichtlich verfassungswidrig ist und weltweit vorbildliche Publikationsstrukturen, die Garant für Qualität und Vielfalt sind, massiv bedroht, ist höchst fahrlässig und unverantwortlich. Der Gesetzgeber hat mit dieser einseitigen Entscheidung gezeigt, dass er auf die Interessen der Urheberinnen und Urheber wissenschaftlicher Werke und ihrer Verlage keine Rücksicht nimmt. Dieser kurzsichtige Schritt ist ein schwerer Rückschlag für den Bildungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland“, so Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.

Die vom Ausschuss beschlossene Befristung der zentralen Vorschriften des Gesetzes auf fünf Jahre sei kein geeigneter Interessensausgleich. Da das Gesetz am 1. März 2018 in Kraft treten soll, endet die Frist erst im Jahr 2023: „Die Regierungskoalition macht es sich einfach und verschiebt die Verantwortung nicht nur in die nächste, sondern gleich in die übernächste Legislaturperiode. Dabei zeigt bereits die Befristung als solche, dass der Gesetzgeber selbst erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorschriften hat. Im Jahr 2023 kann die wissenschaftliche Publikationslandschaft bereits irreversibel beschädigt sein. Sehenden Auges peitscht die Bundesregierung ein Gesetz durch, dessen dramatische Folgen für Bildung und Wissenschaft im Lande sie sehr genau sieht.“ Bemerkenswert sei die Haltung der SPD, die sich für das Gesetz besonders stark gemacht habe: „Sonntags erzählen einem Sozialdemokraten, wie sehr ihnen Autoren und Verlage am Herzen liegen, wochentags entziehen sie ihnen die Existenzgrundlage. Leider hat aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in keiner Weise die berechtigten Belange wissenschaftlicher Urheber und ihrer Verlage berücksichtigt. Sie verabschiedet sich von einem erfolgreichen marktwirtschaftlichen Publikationssystem mit rund 600 meist kleinen und mittelgroßen Verlagen, sodass am Ende der Staat die Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke organisieren und mit Steuergeld bezahlen muss.

Der Börsenverein wird alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, gegen das Gesetz vorzugehen. Zudem wird der Verband die laufenden Arbeiten an einem leistungsfähigen Online-Lizenzierungsportal vorantreiben, über das Bibliotheken und Bildungseinrichtungen Lehrbücher und andere Lehrmedien der Verlage lizenzieren können. „Wir werden die Politik nicht aus der Verantwortung entlassen und in jedem Fall an die heute gegebenen Zusagen erinnern“, sagt Skipis. Dies gelte auch für die Ankündigung finanzieller Kompensationen für Verlage, die durch das beschlossene Gesetz faktisch enteignet würden.

Am Freitag soll der Deutsche Bundestag das Gesetz in zweiter und dritter Lesung verabschieden.

Hintergründe zum Gesetzesvorhaben sind im Medien-Dossier abrufbar unter http://www.boersenverein.de/pressemappen.

Frankfurt am Main, 28. Juni 2017

Kontakt für die Medien:

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Thomas Koch, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon +49 (0) 69 1306-293, eMail: t.koch@boev.de
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