Hamburger ErklĂ€rung fĂŒr bessere Leseförderung mit ĂŒber 110.000 Unterzeichnern an Bundesbildungsministerin und Kultusministerkonferenz ĂŒbergeben
Ăbergabe der ErklĂ€rung heute in Berlin an Bundesministerin fĂŒr Bildung und Forschung Anja Karliczek und PrĂ€sidenten der Kultusministerkonferenz Helmut Holter / Initiatoren fordern Einrichtung einer festen Expertenkommission Lesekompetenz /Â
Berlin, 6. Dezember 2018 â Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, das PEN-Zentrum Deutschland und die Kinderbuchautorin Kirsten Boie haben von der Bildungspolitik in Bund und LĂ€ndern ein entschiedenes und nachhaltiges Handeln zur Förderung der Lesekompetenz bei Kindern gefordert. Die Autorin und Vertreter der beiden Organisationen ĂŒbergaben heute die Hamburger ErklĂ€rung an die Bundesministerin fĂŒr Bildung und Forschung Anja Karliczek und den PrĂ€sidenten der Kultusministerkonferenz Helmut Holter. Mehr als 110.000 Menschen haben seit August 2018 den Aufruf auf der Plattform change.org (www.change.org/hamburger-erklaerung) unterzeichnet. Sie fordern angesichts der dramatischen Zahlen der aktuellen IGLU-Studie wirksame Konzepte zur Leseförderung. Laut der Studie können ein FĂŒnftel der ViertklĂ€ssler in Deutschland Texte nicht so lesen, dass sie den Inhalt auch verstehen. Damit ist Deutschland im internationalen Vergleich von Platz 5 auf Platz 21 abgerutscht. Zudem ist Deutschland das Land, bei dem das Ergebnis am stĂ€rksten von der sozialen Herkunft abhĂ€ngt.
Expertenkommission der Bundesregierung gefordert
Die Initiatoren forderten im GesprĂ€ch mit den Politikern in Berlin die Einrichtung einer festen Expertenkommission Lesekompetenz der Bundesregierung unter Einbeziehung der LĂ€nder. Diese solle eine konkrete Strategie entwickeln, wie die bestehenden Projekte und neue MaĂnahmen zu einer wirksamen Leseförderungsinitiative zusammengefasst und ausgebaut werden können. Die Entwicklung langfristiger MaĂnahmen, um die Lesekompetenz im Kindesalter signifikant zu verbessern, mĂŒsse konsequent in den Fokus der Bildungspolitik rĂŒcken.
Alexander Skipis, HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels:
âWir brauchen jetzt sofort eine bundesweite Strategie zur Entwicklung der Lesekompetenz, die bestehende Formate und neue MaĂnahmen zusammenfĂŒhrt. Flickschusterei fĂŒhrt uns nicht weiter. Die Bundesregierung und die LĂ€nder wollen gerade groĂe Summen in die digitale Ausstattung und Bildung an den Schulen investieren. Dabei mangelt es bei einem groĂen Teil der Kinder an der Lesekompetenz, also der FĂ€higkeit, digitale wie analoge Texte ĂŒberhaupt zu verstehen. Die Digitalisierung von Schulen muss dringend mit wirksamen Konzepten und langfristigen MaĂnahmen zur Förderung der LesefĂ€higkeit einhergehen, sonst geht man den zweiten Schritt vor dem ersten. Lesekompetenz ist nicht nur grundlegend fĂŒr die persönlichen Entwicklungschancen, sondern auch Voraussetzung fĂŒr gesellschaftliche Teilhabe und damit fĂŒr den gelingenden Meinungsbildungsprozess in einer lebendigen Demokratie.â
Kirsten Boie, Autorin:
âLesen ist eine nationale Aufgabe. Es gibt in einzelnen BundeslĂ€ndern durchaus Leseförderinitiativen. Diese Konzepte mĂŒssen evaluiert und bundesweit koordiniert werden. Auch der Elementarbereich und die Ausbildung der Erzieher und Erzieherinnen gehören dazu. Vor allem aber brauchen wir mehr Grundschullehrer, und das heiĂt: Wir brauchen mehr StudienplĂ€tze und ein Lehramtsstudium, das die neuesten Ergebnisse der Forschung zu erfolgreichen Lehrmethoden einbezieht. Und fĂŒr die Lehrenden an den Schulen brauchen wir Fortbildungen dazu. Bevor die LĂ€nder aufgrund der Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten auf entscheidende Bausteine verzichten, muss sich der Bund engagieren. Es wird sehr viel gĂŒnstiger, jetzt in die Bildung zu investieren, als spĂ€ter die Folgekosten des VersĂ€umten zu tragen. Das Thema Lesen erscheint im Vergleich zur Digitalisierung altmodisch â dabei ist es viel fundamentaler. Davon, ob die Menschen lesen können, hĂ€ngt fĂŒr uns alle sehr viel mehr ab.â
Regula Venske, PrÀsidentin des PEN-Zentrums Deutschland:
âIm internationalen Vergleich von Platz 5 auf Platz 21 abzurutschen â welch ein Armutszeugnis fĂŒr ein reiches Land! Hier muss dringend gegengesteuert werden, denn die Auswirkungen und Folgekosten fĂŒr die Gesellschaft werden sonst gravierend sein. Es gefĂ€hrdet die Demokratie, wenn ein betrĂ€chtlicher Teil der BĂŒrger unseres Landes nur noch unzureichend oder gar nicht mehr sinnentnehmend lesen und somit gar nicht oder unzureichend mitreden kann. Demokratie lebt nun einmal von Meinungsfreiheit, vom Recht auf Information und Teilhabe am kulturellen Leben sowie am wissenschaftlichen Fortschritt. Dass die soziale Herkunft, ein sogenannter âMigrationshintergrundâ oder die mĂ€nnliche Geschlechtszugehörigkeit Risikofaktoren darstellen, wenn es um den Erwerb von Lesekompetenz geht, ist absolut nicht hinnehmbar. In keinem Land Europas ist der Reichtum so ungleich verteilt wie in Deutschland. Wenigstens in der Bildung sollten wir Chancengleichheit und Gerechtigkeit verwirklichen.â
Ăber den Börsenverein des Deutschen Buchhandels:
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist die Interessenvertretung der deutschen Buchbranche gegenĂŒber der Politik und der Ăffentlichkeit. Er wurde 1825 gegrĂŒndet und vertritt die Interessen von rund 5. 000 Buchhandlungen, Verlagen, ZwischenbuchhĂ€ndlern und anderen Medienunternehmen. Der Kultur- und Wirtschaftsverband veranstaltet die Frankfurter Buchmesse, vergibt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels sowie den Deutschen Buchpreis. Zudem setzt er sich fĂŒr die Meinungs- und Publikationsfreiheit ein und engagiert sich in der Leseförderung. www.boersenverein.de
Ăber das PEN-Zentrum Deutschland:
Das PEN-Zentrum Deutschland ist eine der weltweit ĂŒber 150 Schriftstellervereinigungen, die im PEN International vereint sind. Die drei Buchstaben stehen fĂŒr die Wörter Poets, Essayists, Novelists. Der PEN wurde 1921 in England als literarischer Freundeskreis gegrĂŒndet. Schnell hat er sich ĂŒber die LĂ€nder der Erde ausgebreitet und sich als Anwalt des freien Wortes etabliert â er gilt als Stimme verfolgter und unterdrĂŒckter Schriftsteller und Schriftstellerinnen. www.pen-deutschland.de
Ăber Kirsten Boie:
Kirsten Boie ist Autorin von Kinder- und Jugendliteratur. 2007 erhielt sie den Deutschen Jugendliteraturpreis fĂŒr das Gesamtwerk, 2008 den GroĂen Preis der Deutschen Akademie fĂŒr Kinder- und Jugendliteratur und 2011 den Gustav-Heinemann-Friedenspreis und das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Sie engagiert sich seit Jahrzehnten fĂŒr die Leseförderung.
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